Unsere Kurzzeitprojekte richten sich an alle Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren, die sich freiwillig zu einem Reiseprojekt entscheiden. Sie kommen mit konkreten Fragestellungen auf das Projekt (z.B. "Welche Hilfeform ist für mich die Richtige?", "Warum schwänze ich immer die Schule?", "Wer bin ich?"). Häufig stehen diese Kinder und Jugendlichen vor einer großen Veränderungen in ihrem Leben, müssen Entscheidungen treffen und/oder befinden sich in teils wiederkehrenden, krisenhaften Prozessen, aus denen scheinbar kein Weg herausführt. Eine Kurzzeitmaßnahme soll ihnen als Auszeit dienen und ihnen die Möglichkeit geben sich mit Abstand, Zeit und Ruhe intensiv mit konkreten Themen auseinanderzusetzen. Sie kann auch für ein pädagogisches Clearing genutzt werden. Die Dauer einer Kurzzeitmaßnahme ist in der Regel auf 12 Wochen begrenzt.

Die jungen Menschen werden je nach individuellen Bedürfnissen und Lebensumständen entweder von einer oder zwei erwachsenen Personen begleitet. In der Regel haben die jungen Menschen, die wir begleiten, schon etliche Beziehungsabbrüche erlebt, sodass es ihnen schwer fällt, sich auf auf ein neues Beziehungsangebot einzulassen. Wir haben jedoch Zeit und Geduld. Wir möchten den jungen Menschen Halt geben und ein Umfeld anbieten, in dem sich vertraut und aufeinander verlassen werden kann. Wir sind bereit, diese Reise gemeinsam mit dem jungen Menschen zu erleben, schwierige Situationen Seite an Seite zu überwinden, kleine Abenteuer zu bewältigen, den Alltag gemeinsam zu gestalten, zu lachen, zu weinen und zu toben. Täglich brechen wir unser Lager ab, begehen neue Wege, schlafen an Orten, an denen wir noch nie zuvor gewesen sind - für den jungen Menschen bleibt einzig seine Begleitung konstant. Und genau dies ermöglicht oftmals ein Einlassen auf die Beziehung, was unter anderen Umständen nicht denkbar wäre.

Ganz gezielt wird mit dem Aufforderungscharakter des Reisens in der Natur gearbeitet. Dieser Aufforderungscharakter erfordert zwangsläufig das Erlernen und Erproben neuer Handlungsalternativen und ermöglicht somit das Ablegen von bisherigen, unerwünschten Verhaltensmustern. Neuerlerntes kann sofort angewandt werden, erweitert den persönlichen Handlungsspielraum und wirkt sich deshalb unmittelbar auf die Lernmotivation aus. Die Natur als beständige Begleiterin unserer Projekte nutzen wir oft als verlängerten Arm unserer Pädagogik. Sie zeigt sich verlässlich und konsequent, und vor allem bietet sie viel Raum um sich zu entfalten, entdecken, beruhigen und auszutoben.

Die Aufnahme eines jungen Menschen ist in der Regel auch Start der Maßnahme. Gestartet wird zunächst immer mit einer mehrwöchigen Wanderung, bei der die Ausrüstung auf ein Minimum reduziert ist und die Beziehung zwischen Begleiter*in und jungem Mensch aufgebaut wird. Nach dieser Zeit des Wanderns und Kennenlernens lässt sich zumeist eine erste Einschätzung darüber gewinnen, wie dem jungen Menschen am Besten geholfen werden kann. Aufbauend auf dieser Einschätzung wird der weitere Maßnahmenverlauf (bspw. der Einsatz von Medien, geografische Ziele) flexibel und individuell geplant bzw. zugeschnitten. Nach Möglichkeit wird anschließend das Medium (Fahrrad, Kanu, Wandern, Floß, Schlitten, Bollerwagen, Klettern, ...) regelmäßig gewechselt. Auf unseren Reiseprojekten ist jeder Tag anders - und das ist genau so gewollt. Wir wechseln jeden Tag den Lagerplatz, passen Regeln und Strukturen täglich neu an die Teilnehmenden an, führen mit ihnen Aushandlungsgespräche und versuchen unmittelbar auf das Verhalten der Kinder und Jugendlichen zu reagieren. Die Reisenden sehen sich häufig mit ungeplanten Ereignissen konfrontiert, Begegnungen mit anderen Menschen haben Einfluss auf die Reise, kleine Abenteuer wollen bewältigt werden. Der Tagesablauf unterliegt daher einem ständigen Veränderungsprozess, er wird täglich neu ausgerichtet.

Grundsätzlich werden zu Beginn des Reiseprojektes Ziele gemeinsam mit allen am Hilfeprozess Beteiligten erarbeitet. An diesen wird sich während der Durchführung orientiert. Aufgrund der individuellen Ausrichtungen der Reiseprojekte können die Zielsetzungen sehr verschieden ausfallen. Mögliche Ziele könnten sein: psychosoziale Vorbereitung auf eine andere Jugendhilfemaßnahme, Rückführung in die Herkunftsfamilie, Auszeit, Verhaltensveränderungen jeglicher Art. Unser maßnahmenübergreifendes Ziel ist es, einem*r jeden Kind oder Jugendlichen ein Leben in Freiheit zu ermöglichen, sodass sie sich

1. als Individuum entfalten und ihr Leben eigenständig gestalten können und
2. als Teil der Gesellschaft sehen, an ihr teilhaben und Verantwortung übernehmen.